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Claudia Baitinger: Wenn die Bürger sich als Betroffene nicht bewegen, geschieht nichts

  • Lokales

07.04.2016

Umsetzung der Seveso III-Richtlinie steht noch aus – Foto: Noch liegt leichter Nebel über den Konsequenzen für Chemie und Bevölkerung

Claudia Baitinger, Kreisvorsitzende des BUND und Mitglied in der ‚Kommission für Anlagensicherheit‘ (KAS) berichtete bei der Grünen WG sozusagen aus erster Hand über die durch die Seveso-Richtlinie gegebenen Sachverhalte und mögliche Konsequenzen für Marl. Die seit 1982 geltende 1. Fassung der Seveso-Richtlinien und die seit dem 31. Mai 2015 in Deutschland geltende 3. Fassung enthalten Regelungen „zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen“. Die Besonderheit der jüngsten Regelung, die als EU-Richtlinie noch in deutsches Recht umgesetzt werden muss, besteht u.a. darin, dass die betroffenen Unternehmen zur Offenlegung ihrer Betriebsdaten verpflichtet sind, stärkeren Kontrollen unterworfen werden, die Öffentlichkeit deutlich mehr Informationsrechte erhält und an Genehmigungsverfahren beteiligt wird.

Wie eine Umsetzung der Maßgaben der neuesten Richtlinie aussehen kann, ist am Beispiel Leverkusen erkennbar. Danach wird nach dem Vorliegen einer gutachterlichen Einschätzung der notwendigen Abstandsregelungen eine Festlegung von Sicherheitszonen durchgeführt, für die bestimmte Maßgaben erfolgen, die von den betroffenen Unternehmen bzw. von den betroffenen Bürgern beachtet werden müssen. Da es sich um Gebiete handelt, die außerhalb der Betriebsanlagen liegen, müssen die Gemeinden als zuständige Behörden die in den einzelnen Zonen zu ergreifenden Maßnahmen festlegen und für deren Einhaltung sorgen. In der Regel sollte sich der Maßnahmenkatalog aus einem Dialog der Betriebe und der jeweils betroffenen Gemeinde ergeben, um im konkreten Fall Einsprüche bzw. Klageverfahren zu vermeiden.

Was das erweiterte Informationsrecht der Öffentlichkeit angeht, besteht seitens der Betriebe eine Informationspflicht nur im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben und deren Veröffentlichung im Netz.   Für die betroffene Bevölkerung besteht eine Holpflicht bzgl. der Wahrnehmung ihres Informationsrechts. Wenn aus der Bevölkerung beispielsweise bei Genehmigungsverfahren keine Informationen eingeholt werden und mögliche Ein- oder Widersprüche unterbleiben, wird sie bei der Durchführung eines Genehmigungsverfahrens auch nicht beteiligt. Im konkreten Fall der Einspruchsmöglichkeiten bei dem Genehmigungsverfahren einer Erweiterungsanlage im Chemiepark Marl, das seinerzeit der eigentliche und entscheidende Grund für die Beseitigung der Schlenkesiedlung war, gab es nur einen einzigen Einspruch – und der kam vom BUND und eben nicht von unmittelbar Betroffenen. Die Stadt Marl zeigte ihrerseits auch keinerlei Interesse an einem Einspruch, sondern hat die Erweiterungsabsichten der Chemie unterstützt durch die Einleitung, Durchführung und Finanzierung einer ‚Städtebaulichen Sanierungsmaßnahme‘ (nach § 136 Baugesetzbuch). Das Ergebnis ist bekannt.

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