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Brinkfortsheide. BI weist Kritik zurück

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28.11.2017

„Rechtsfehlerhaftes“ Verhalten der RAG

In einer ausführlichen Stellungnahme weist Jörg Göritz die Darstellung der RAG zu seinen Ausführungen bzgl. der Gefahren einer Abfallhalde ‚Brinkfortsheide-Erweiterung‘ zurück. Er wiederholt nicht nur seine Position, sondern bezeichnet die RAG-Darstellung als Dokument einer Steigerung der ‚Besorgnisstufe von Geld auf Orange‘. Er wirft der RAG ein befremdliches Rechtsverständnis vor, weil diese den Eindruck zu erwecken versucht, dass die Umwidmung der Bergehalde in eine Abfallhalde lediglich ein ‚obrigkeitliches Verfahren‘ sei und die rechtlichen Voraussetzungen eines Planfeststellungsverfahrens ausgeklammert werden. Schon bei der ersten Vorstellung der Haldenerweiterungsplane habe der Vertreter der RAG im Marler Rathaus gesagt, Am Ende werde die Deponie doch kommen, da wäre jeder Protest vergebens. – Lesen Sie die gesamte Stellungnahme von Jörg Göritz!

Halde Brinkfortsheide Erweiterung

Stellungnahme zu den Artikeln ähnlichen Tenors der WAZ und Marler Zeitung v. 24.11.2017

MZ: „Falsche Annahmen zur Deponie?“

Tenor der dargelegten Erklärungen des Sprechers der RAG, Christoph Beike, ist, dass sämtliche vom Unterzeichner Göritz unterstellten Gefahren nach den derzeitigen Planungen außer Acht zu lassen wären. Sowie durch den Wechsel von Bergrecht zu Deponierecht auch die Verträge zwischen RAG und AV einerseits und drei Landesministerien NRWs andererseits aus dem Jahr 1982, auch die Zusagen der Bergbaugesellschaften nicht mehr gelten, dass Anwohner durch abzuschließende Schüttphasen, die 10 Jahre nicht überschreiten sollen, längstens für diesen Zeitraum belästigt würden. Sinngemäß daher auch nicht die Schüttphaseneinschränkungen aus der Bergehaldenrichtlinie von 1984. Mit der geplanten Basisabdichtung, Oberflächenabdichtung und einem Sickerwassererfassungssystem der Deponie wäre das gesamte Grundlagenpapier gegenstandslos, folgert so der Sprecher der RAG.

Einerseits ist zu begrüßen, dass die RAG einige weitere Details offenlegt. Andererseits führen gerade diese Darlegungen des Sprechers dazu, dass Auswirkungen stärker deutlich werden und somit die Befürchtungen mehr.

Zusammenfassung:

Von Besorgnisstufe Gelb auf Orange

Die RAG AG hat die Bergehalde über 10 Jahre rechtsfehlerhaft betrieben. Allein wegen des fehlenden Bepflanzungsstreifens vor dem südlichen Fuß der Halde zum Lärm- und Staubschutz des Siedlungsbereichs Viktoriastraße. Hierbei mag sie sich zu sehr auf die Planungs- und Ingenieurfirma KlingConsult verlassen haben, die auf ihrer Internetseite die Schüttphasenpläne sowie Überwachung und Dokumentation als ihre Leistung darstellt. Auf diese rechtswidrig errichte Halde will die RAG eine neue Deponie nach anderen Gesetzesvorgaben betreiben. Mit dem Tenor: Alles wird rechtens. Das Gegenteil ist der Fall.

Eine rundum abgedichtete Deponie ist keine gefahrlose, seitwärts offene Bergehalde, sondern eine Gefahrstoffdeponie. Um die Abdichtung zu garantieren, darf weder Baum noch Strauch gepflanzt werden, da deren Wurzeln die Dichtung porös durchdringen. Die Deponie würde später also maximal eine grüne Wiese sein, ähnlich der Giftmülldeponie in Leverkusen, die zur Gründung der neuen Autobahnbrücke geöffnet werden soll. Auch eine ansatzweise Wiederherstellung der noch 2004 unter der Halde Brinkfortsheide Erweiterung vorhandenen Waldflächen scheint unmöglich. Damit ist der Landschaftsplan „Vestischer Höhenrücken“ des Kreises gem. § 16 Abs.2 Landschaftsgesetz NRW vom 20.11.2012 unerfüllbar: „Die Rekultivierung soll weitgehend forstlich erfolgen mit einem entsprechenden Wegenetz für eine ruhige Erholung.“ (B.10., 4.5 Grünzug Landschaftsbauwerk Haldenerweiterung–Brinkfortsheide, S. 75 / 44,39 ha Teilfläche). Damit würde eine Deponie gegen ein weiteres geltendes Recht verstoßen.

Die Bergehalde mussten mindestens die Bewohner der Viktoriastrasse / Am Alten Pütt ohne Lärm- und Staubschutz über 10 Jahre rechtswidrig ertragen. Wegen der Wurzelbildung oberhalb der Basisabdichtung kann auch nicht die Aufforstung an der Haldenflanke nachgeholt werden. Nicht wegen ihrer Rechtswidrigkeit, sondern wegen ihrer Mangelhaftigkeit soll die wesentlich flachere Halde AV 3/7 vollständig neu durchgearbeitet werden, bevor sie aus der Bergaufsicht entlassen werden kann (dazu unter C.). Aber die Deponie soll erst nach Abschluss eingehaust werden. Während der Schüttung ist sie offen. Dabei soll eine Basisabdichtung auf einer ca. 40 Meter hohen Schütthalde aus Lockergestein mit 25 % Porenvolumen (!) die Bergehalde von der Deponie trennen. Die Starkregenereignisse nehmen immer mehr zu. Dutzende davon haben die statistische Wahrscheinlichkeit eines Jahrtausendregens in den letzten Jahren erfüllt. Kein Regenwasserableit- und -auffangsystem kann Starkregen beherrschen. Ein Sickererfassungssystem kann möglicherweise belegen, wie viel über die Wupper (an den Rändern in die Bergehalde) gegangen ist. Vor diesem Hintergrund würden die im Grundlagenpapier beschriebenen Gefahrenszenarien noch verstärkt durch die Anreicherung von dann gemäß der Strahlenschutzverordnung zu kontrollierendem, strahlendem Radium am Übergangskragen Deponie – Bergehalde (dazu unter B.).

Die RAG und ihre Streitgenossen scheinen offensichtlich schon das Ergebnis des noch einzuleitenden Planfeststellungsverfahrens zu kennen (!) Die Form, in der über die Deponie berichtet wird, ist die der bestimmten Zukunft: Die Deponie wird, erhalte usw. Ein Planfeststellungsverfahren ist ein rechtsstaatlicher Vorgang, in der die Betroffenen ihre Argumente einbringen können. Nach Abwägung der verschiedenen Positionen sollte dann eine Entscheidung getroffen werden. Auch der Vorsitzende der Verbandsversammlung des Regionalverbandes Ruhr und Abgeordneten des

Landtags Nordrhein-Westfalen, Josef Hovenjürgen, erklärte im Gespräch mit der BI am 20.11.2017, dass er es u.a. unsäglich fände, dass die RAG als Verursacher von Bergschädigen gleichzeitig Gutachter der entstandenen Schäden und Regulierer in eigener Sache sei. Somit sei die RAG von dem Gedanken der Gewaltenteilung weit entfernt. Eines seiner politischen Ziele sei es, dieses Prozedere zu ändern, indem Gutachteraufgaben beispielsweise dem Geologischen Landesamt (Geologischer Dienst NRW) zugewiesen werden (dazu unter A.).

Im Einzelnen:

  1. Rechtsverständnis der RAG AG
  2. Die Bergbaugesellschaft RAG AG unterliegt weitestgehend den Bestimmungen des Bergrechts. Die hierzu gehörende Bergehaldenrichtlinie, ist mindestens im Sinne von „Eine umgehende Bepflanzung des Schutzwalls am Böschungsfuß oder ggf. eine Sichtschutzbepflanzung auch außerhalb des direkten Haldenbereichs“ (so Art. 4.4.3), „Nachweis der Randwallbegrünung und Bepflanzung“ (so Art. 2.3.10) oder „Nachweis über Einwirkungen durch Staub- und Lärm“ (2.3.12) auch 10 Jahre nach Schüttbeginn mindestens Richtung Victoriastraße / Am alten Pütt nicht erfüllt. Die Bergehalde ist demnach rechtswidrig betrieben worden. Ob allein vor diesem Hintergrund dem Abschlussbetriebsplan stattgegeben und die Halde aus der Bergaufsicht entlassen werden kann, scheint doch fraglich. Laut Auskunft der Bez.reg.Arnsberg strebt die RAG an, die Entlassung aus der Bergaufsicht Ende 2018 zu erreichen.
  3. Obwohl die RAG diese Deponie nicht betreiben wird, macht sie sich zum Sprecher des späteren Betreibers. Es erzeugt Verwunderung, dass die Bergbaugesellschaft Sachkunde über öffentliche Kreislauf- und Abfallwirtschaftsgesetzgebung anführt. Im Hintergrund gibt es offensichtlich unbekannte Streitgenossen und Erfüllungsgehilfen.
  4. Man muss kein Germanistikstudium absolviert haben, um die Wortwahl des Herrn Beike einzuordnen. Er spricht von einer bestimmten (unabänderlichen) Zukunft: „Die geplante Deponie wird eine Basisabdichtung erhalten“, „Die Deponie werde unter Abfallrecht betrieben“, „Die Deponie wird mit einem Sickererfassungssystem ausgestattet“, „Die Deponie erhalte eine Oberflächenabdichtung“. Die RAG, deren Streitgenossen und Erfüllungsgehilfen kennen scheinbar schon den Ausgang des vorgeschriebenen rechtstaatlichen Verfahrens. Schon in der Ratssitzung, in der die RAG die Deponiepläne vorstellte, fielen ähnliche Bemerkungen, etwa: Am Ende wird die Deponie doch kommen, da wäre jeder Protest vergebens.
  5. Die RAG unterliegt offenbar immer noch dem Irrtum, dass „Bergbau Sache der Obrigkeit sei“. Dieser Grundsatz ist bereits mit dem preußischen Allgemeinen Bergrecht von 1865 (ABG) abgeschafft worden.
  6. Im nicht zu umgehenden, im Rechtssinn ergebnisoffenen Planfeststellungsverfahren (hier: vor Erteilung einer Erlaubnis und Genehmigung zum Betreiben einer Deponie) sollen alle Beteiligten ihre Gründe eines Für und Wider darlegen. Dazu gehören neben den Betreibern vor allem auch die Bewohner angrenzender Siedlungen sowie die zuständigen Behörden und Verbände. Erst nach einem sorgfältigen Abwägen der oft gegeneinander stehenden Interessen sollte eine Entscheidung fallen.
  7. Richtig ist, dass die Bergehaldenrichtlinie grundsätzlich einen Weiterbetrieb als Deponie ermöglicht (4.1.3). Dieses soll vor der Zulassung als Bergehalde geprüft werden. „Die beabsichtigte Rekultivierung und sonstige Nutzbarmachung (Deponie) ist in Abständen von 3-5 Jahren und nach Fertigstellung sind innerhalb des Betriebsplans in einem gesonderten Gestaltungs- und Rekultivierungsplan darzulegen.“ (2.3.3). Es wird bestritten, dass ein solcher Plan mit Deponiefolgenutzung schon 2004 vorlag. Ob rückwirkend, die 2004 beteiligten Anwohner damit täuschend, ein solcher Deponienutzungsplan wie Kai aus der Kiste rechtmäßig vorgelegt werden kann, ist weder dem Wortlaut der Bergehaldenrichtlinie zu entnehmen, noch dem Sinn der zeitmäßigen Beschränkung. Grundbedingung aber ist, dass vorher Schüttphasen so betrieben wurden, dass nach spätestens 10 Jahren eine Rekultivierung dieser fertigen Teilabschnitte garantiert ist. Wie für jedermann sichtbar, ist die gesamte Haldengrundfläche von Anfang an in Beschlag genommen worden. Von einer Teilfertigstellung oder gar Rekultivierung kann keine Rede sein. Den Bewohnern soll zugemutet werden, weitere Jahrzehnte dem Haldentreiben in Sicht-, Lärm- und Staubweite ausgesetzt zu sein. Richtig ist aber auch, dass Betriebspläne für Bergehalden nur für die Dauer des beabsichtigten Vorhabens zugelassen werden (Art. 2.2 Bergehaldenrichtlinie). Wie bekannt war die Dauer begrenzt bis 2015.
  8. Die Halbwertzeit von Annahmen und Aussagen von Bergbaugesellschaften ist nicht allzu hoch. Erinnert sei an den „sicheren“ Salzstock Asse, in dem die Fässer mit radioaktivem Müll mittlerweile durch Salzwässer zerfressen sind und mit Milliarden Euro Kosten geborgen werden müssen. Auch die RAG AG

hat im Laufe der Zeit immer wieder nach langen, teuren Rechtstreitigkeiten

ihre Dogmen aufgeben müssen:  Bis zum sog. Moers-Kapellen Urteil des BGH war sie der Meinung, dass Abbaue in einer solchen Tiefe stattfinden würden, dass die Besitzer betroffener Grundstücke keinerlei Einspruchsmöglichkeit wegen mangelnden Interesses gem. § 905 Satz 2 BGB hätten. Der BGH entschied im Sinne der Eigentümer gemäß Satz 1 (Grenzenlose Tiefe des Eigentums). Das führte dazu, dass ein Sonderbetriebsplan „Abbaueinwirkung auf das Oberflächeneigentum“ mit Öffentlichkeitsbeteiligung jedem einzelnen Abbaubetrieb vorgeschaltet wurde.  In Rahmenbetriebsplanverfahren müssen einzelne Bergwerke ihre langfristigen Abbauvorhaben und deren Auswirkungen auf Fauna-Flora-Habitat (FFH) darlegen. Auch hier gibt es analog zum Haldenbetrieb einen genehmigten Zeitrahmen und eine genehmigte maximale Senkungstiefe. Ist eines erreicht, erlischt die Erlaubnis.  Die RAG AG hat über Jahrzehnte den Einwirkungsbereich ihrer Abbauauswirkungen auf 45 Grad um die Abbaue begrenzt. Das heißt bei einem 800 Meter tiefen Abbau wurden Bergschadensmeldungen bis zu einer Entfernung von 800 Metern als Möglichkeit in Betracht gezogen. In einem Gutachten der Bergakademie (!) Clausthal-Zellerfeld ist nachgewiesen worden, dass es auch darüber hinaus zu Bodenverformungen auf Grund von Bergbau kommen kann. Seither wird in den Sonderbetriebsplänen Abbaueinwirkung auf das Oberflächeneigentum nicht nur der 45 – Grad – Einwirkungsrand dargestellt, sondern auch ein „erweiterter Betrachtungsraum“ von zusätzlich 1.000 Meter über den bisherigen Rand hinaus, mit den entsprechenden Folgen für mögliche Schadensregulierungen.

  1. Deponie während der Schüttung
  2. Basisabdichtung der Deponie

Auf den jetzigen Istzustand der Bergehalde soll eine neue Basisabdichtung – „wie jede andere moderne Deponie“ – aufgebracht werden. Jede andere moderne Deponie aber wird auf gewachsenem Grund errichtet und nicht auf einer Schütthalde. Diese Deponie jedoch soll auf Lockergestein erichtet werden, zwar verdichtet, jedoch statt einer Dichte von 2,6 Tonnen je Kubikmeter des Festgesteins nur eine Dichte von 2,0 nach eigenen Zahlen der RAG AG aufweist. Somit existiert ca. 0,25 Meter Hohlraum je Meter Haldenhöhe. Bei ca. 40 Metern jetziger Haldenhöhe könnte sich die Halde um bis zu 10 Meter setzen. Wie setzt sich der Hohlraum unter dem Gewicht der Deponie und der Fahrzeuge? Gleichmäßig oder unstet? Wie bei vielen Annahmen ist wohl auch hier der Wunsch der Vater des Gedankens. Eine durchgehende Dichtigkeit der Abdeckung scheint schon vor diesem Hintergrund eher unwahrscheinlich.

Ein „Sickererfassungssystem“ soll die versickerten Wässer erfassen. Was ist das? Bei Dudens wird man nicht fündig. Selbst google kennt das nicht. Offensichtlich ein selbstkreiertes Kunstwort. Erst ab einer Füllung des Porenraumes >60 % wird Sickerwasser abfließen. Wie will man das kontrollieren und in Bezug bringen zu einem Wasseraustritt oder einem Durchsickern in die Bergehalde?

Bergehalden sollen so verdichtet sein, dass möglichst wenig Wasser ins Haldeninnere versickert, sondern äußerlich in Seige-Rinnen an der Innenseite der Bermen (Terrassenstraßen) abgeleitet wird. Betrachtet man öffentlich zugängliche Halden, bemerkt man, dass sich das Niederschlagswasser oft nicht an den vorgegebenen Seigenverlauf hält, sondern eigene Wege sucht. Sei es auch nur durch eingeschwemmte Steine, Äste oder Laub. Dazu kommt, dass sich die Starkregenereignisse immer mehr häufen. Die RAG AG ist weder Herr der Unterwelt, noch kann sie die Atmosphäre regeln.

  1. Erhöhte Radiologie am Übergang Deponie – Bergehalde

Selbst wenn die Basisabdichtung ihrem Namen gerecht würde, das auf die Deponie niedergehende Regenwasser wird mindestens zeitweise über die Abdichtung hinaus in die Bergehalde laufen, mit gelöstem Kalk und Barium. Kalk verbindet sich mit dem Schwefel der Berge zu Gips, CO2 und Wärme. Das Barium fällt bei Kontakt mit Schwefel sofort als Bariumsulfat aus. Es wird sich daher am Bergehaldenkragen konzentrieren. „Durch ähnliche chemische Eigenschaften und die geringe Konzentration von Radium in Wasser kommt es zu einer Mitfällung von Radium. Dabei werden Radium-Ionen in das durch die Ausfällung von Bariumsulfat entstehende Kristallgitter eingebaut.“ (Eike Hohmann, Radiologische Modellierung der Ablagerung von Rückständen auf

Bergehalden, Dipl.Arbeit, 2004, Hannover, S.3). Untertägig entsteht Bariumsulfat, wenn Barium- und Sulfathaltige Wässer direkt aufeinandertreffen. In aller Regel in den Sedimentabsetzstrecken an den Schächten, wo das Grubenwasser gehoben wird, den sogenannten Sümpfen. Diese Sümpfe werden wechselseitig betrieben. Einer wird mit Wasser beschickt. Der andere wird gesümpft, d.h. das Bariumsulfat nebst anderen abgesetzten Schwebstoffen wird in Behälter gefüllt und nach über Tage gebracht. Auf AV in sogenannten Big Bags, ca. 1 Kubikmeter fassenden, Einkaufstüten ähnlichen Gewebekunststofftaschen. „Durch die alleinige Ablagerung (von) in Big Bags (gefördertem Sumpfaushubs) ist der Verzehr* von kontaminiertem Material in hoher Konzentration möglich.“ (ebenda, S.90). (*Anm.: Thema der Arbeit war die Ausschwemmung von radiologischen Substanzen in Silvertbach und Lippe und deren zeitabhängige Folgen) Der Physiker kommt zu der Empfehlung, Berge und Sumpfaushub gut zu durchmischen, damit die effektive Dosis von 1 mSv pro Kalenderjahr örtlich nicht überschritten wird und die Bergehalde aus der radiologischen Überwachung entlassen werden kann (ebenda S.104 f.). Allerdings weist er auch darauf hin, dass der Richtwert der Strahlenschutzverordnung „bei Direktingestion von radiumhaltigem Bariumsulfat überschritten wird“. Das heisst, dass am Übertritt von kalk- und bariumhaltigem Wasser von der Deponie auf die Bergehalde ein Streifen entstehen wird, dessen Strahlung im Lauf der Jahre immer mehr zunehmen wird und der radiologisch von Beginn an überwacht werden muss.

  1. Zeitabhängiges Versagen der Basisabdichtung

In der Diplom Arbeit (S.98) gibt es Verweise auf Berichte über „Zeitabhängiges Versagen der Basisabdichtung. Dieses ist durch Wurzeln oder Risse im Laufe der Zeit zu begründen.“ [(THIERFELDT, S. ; WÖRLEN, S.: Fortentwicklung des radiologischen Modells für die Berechnung von Freigabewerten für die Freigabe zur Beseitigung 2. Zwischenbericht zu AP2/AP3 des Vorhabens StSch 4279 Brenk Systemplanung, 2003 105) mit Bezug auf (THIERFELDT, S. ; DEKCERT, A. ; HOPPE, G. ; JOHN, T.: Strahlenexposition durch konventionelle Beseitigung von Abfällen mit restaktivität Brenk Systemplanung, 1993)].

Das Vorangestellte deckt sich mit den Erwartungen, dass mindestens die Basisabdichtung der Bergehalde Brinkfortsheide Erweiterung höchstens 100 Jahre dicht sein wird. Die gesamte Erdkruste ist in Bewegung. Entspannungen laufen nicht immer so dramatisch ab wie in Italien oder Kalifornien. Das gesamte Norddeutsche Tiefland wird um ca. 5 mm pro Jahr unter die Nordsee

geschoben. Dabei gibt es regional verschiedene Bewegungen und Zerrungen. Die RAG muss seit einigen Jahren Bereiche unterschiedlicher Bewegungen, sog. „Unstetigkeitszonen“ in ihren Rissen ausweisen. Diese sind finden sich an den Ausbiss-Linien karbonischer Störungen an der Tagesoberfläche. Genau durch die Schächte AV ½ läuft genau eine der Hauptverbiegungen des

Ruhrgebietes: der steil auffaltende AV-Sattel, begleitet von zahlreichen Spannungsrissen. Nördlich davon, im Gebiet der Halde, verlaufen einige Störungen mit jeweils gut einhundert Metern Verwurf (Geologische Karte des Ruhrkarbons 1:100.000, Geol.Landesamt NRW). Dass sich an den Störungsausbissen unterschiedliche Setzungen zeigen werden, ist keine allzu gewagte Prognose. Auch das Maß von 5 mm pro Jahr scheint realistisch. Bei einer angenommenen Dicke der Basisabdeckung von 50 cm entstehen somit rechnerisch nach 100 Jahren wasserdurchlässige Risse.

  1. Deponie nach Schüttende
  2. Rundum abgedichtet

Sieht man einmal vom nicht ausgeschwemmten Salz- und Schwefelgehalt ab, ist eine Bergehalde die Nachbildung des zu Tage tretenden Karbons an der Ruhr. Modernere Halden sollen so abgedichtet sein, dass das Haldenwasser aufgefangen werden kann, bevor es in die Bäche und Flüsse weitergeleitet wird. Ältere Halden leiten die löslichen Anteile der Berge ins Grundwasser ab. Aber auch diese Tatsache hat die RAG lange geleugnet, dann Verantwortung abgestritten, dann auf andere Möglichkeiten gedeutet (Bahndamm S9, usw.), ehe sie mit den Brunnenbesitzern Marl-Hamms eine Einigung erzielte. Eine rundum abgedichtete Deponie, wie die RAG sie auf die Bergehalde installieren will, ist keine gefahrlose, seitwärts offene Bergehalde, sondern eine Gefahrstoffdeponie. Hier schrillen die Alarmglocken. Die Giftmülldeponie in Leverkusen, die zur Gründung der neuen Autobahnbrücke geöffnet werden soll, ist auch so eine rundum abgedichtete Ewigkeitslast. Der Zeitbegriff von „Ewigkeit“ wird durch solche Projekte oder die Gegebenheiten des Bergwerks Asse völlig neu definiert.

  1. Grüner Hügel

Wurzeln, mindestens von Bäumen, würden diese Abdichtung durchdringen. Es darf weder Baum noch Strauch gepflanzt werden. Sämlinge müssen sogar fortlaufend entfernt werden. Die Deponie würde später also maximal eine grüne Wiese oder grüner Hügel sein. Grüne Wiesen oder Hügel mögen zu den Stadienlandschaften der Emschermulde oder nach Bayreuth passen. Sie passen aber weder in die Haard, die Marler Heide noch nach Lüneburg. Damit kann die Deponie nicht der Prüfung auf „Eingliederung der Halde in die nähere und weitere Umgebung und ihre Auswirkung auf das Landschaftsbild“ (4. Prüfung des Betriebsplanes, 4.1.1 Bergehaldenrichtlinie) standhalten. Wird durch die Abfallgesetzgebung für Deponien dann die ursprüngliche Genehmigung mit der Bedingung der Aufforstung nach Beendigung gegenstandslos? Nach hiesigem Rechtsempfinden nicht. Auch eine ansatzweise Wiederherstellung der noch 2004 unter der Halde Brinkfortsheide Erweiterung vorhandenen Waldflächen (Anlage Luftbilder 1998, 2006) scheint unmöglich. Damit ist der Landschaftsplan „Vestischer Höhenrücken“ des Kreises gem. § 16 Abs.2 Landschaftsgesetz NRW vom 20.11.2012 unerfüllbar: „Die Rekultivierung soll weitgehend forstlich erfolgen mit einem entsprechenden Wegenetz für eine ruhige Erholung.“ (B.10., 4.5 Grünzug Landschaftsbauwerk Haldenerweiterung – Brinkfortsheide, S. 75 / 44,39 ha Teilfläche). Damit würde eine Deponie gegen weiteres geltendes Recht verstoßen.

  1. Ewig Dicht?

Ohnehin aber kann eine dauernde Dichtheit nicht garantiert werden. Maximal Bemühungen dies möglichst lange aufrechtzuhalten. Neben der Wurzelbildung sind auch Alterungsbrüchigkeit, Verwitterung, tektonische Beeinträchtigung oder Flugzeugabstürze denkbar (s.auch B.3.) Dass die Deponie zu Beginn dicht sein könnte, passt nur in das einzubringende Modell des Planfeststellungsverfahrens, ist aber eine realitätsferne Dauererwartung.

gez. Jörg Göritz

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