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Stopp für den New Park

Ökologisches Auslaufmodell

Seit Jahren umstritten – aber immer noch ökologisch und wirtschaftlich völlig unsinnig – der geplante New Park in Waltrop. Alle bisherigen Versuche, dort ein Industriegebiet zu realisieren, sind gescheitert. Lesen Sie ein einen Artikel von Ernst Belter aus Waltrop, der sich bereits seit den 70er Jahren gegen die Industrialisierung der Rieselfelder engagiert. Der Artikel erscheint in dem kritischen Ruhrgebietsmagazin amos ( homepage :  amos-zeitschrift.eu ). 

 

Rieselfelder und B 474n– eine unendliche Geschichte                                 

Die Rieselfelder Dortmund sind eine ehemalige Heidelandschaft nördlich von Datteln und Waltrop mit einer Fläche von ca. 1000 ha (Datteln 2/3, Waltrop 1/3), die nördlich an das geschützte FFH – Gebiet Lippeauen angrenzt. Seit Ende des 19.Jhs. bis 1978 wurden sie für die Abwässer der Stadt Dortmund als Rieselfläche genutzt. Heute befindet sich dort eines der größten Gemüseanbaugebiete Deutschlands.

Wegen der geplanten Nordwanderung des Bergbaus gab es bereits in den 60er Jahren Planungen für eine Bundesstraße mitten durch das Areal. Das Thema hatte sich dann bald von selbst erledigt.

Die enorm gestiegenen Ölpreise aufgrund der Ölpreiskrise 1974 brachten die VEW auf die Idee die Prozesswärme ihres in Bau befindlichen Thorium-Hochtemperaturreaktors THTR zu nutzen um die zu teuer gewordene heimische Kohle, die keine Abnehmer mehr fand, in Kraftstoffe umzuwandeln. Im Landesentwicklungsplan VI wurden die Rieselfelder 1977 als Industriestandort ausgewiesen, 1978 verkaufte die Stadt Dortmund die Fläche an die VEW. Die ursprünglichen Planungen der VEW sahen den Bau von 4 Kohlekraftwerken und 2 Atomkraftwerken vor, dazu noch Raffinerien und Schwerindustrie. Eine derartige Monsterindustrie war eine unglaubliche Provokation in einer Zeit, in der Umweltschutz und Atomenergie im ganzen Land ein Riesenthema waren. Schnell entfaltete sich eine breite Widerstandsbewegung. Ob es dieser Bewegung zu verdanken war, den Überkapazitäten im Energiemarkt oder doch besserer Einsicht geschuldet, wird nicht festzustellen sein. Jedenfalls zogen die VEW Anfang der 80er Jahre ihre größenwahnsinnigen Pläne zurück.

Die Planung der B474n wurde im Jahr 1990 als vierspurige Umgehungsstraße für Waltrop bis nach Olfen erneut angegangen. Auch dagegen gab es heftigen Widerstand, der erfolgreich war. Obwohl die Arbeiten schon weit fortgeschritten waren, entschied das OVG Münster im Januar 1994 das Aus für die Straße. Als stumme Zeugen prangen heute noch zwei Widerlager für die fast fertige Brücke in der Landschaft.

Bereits 1996 wurde mit Anbindung an die A45 und mit geänderter Trassenführung näher an der Waltroper Wohnbebauung erneut geplant. Der Widerstand – angefangen von den betroffenen Landwirten bis hinein in die CDU – war heftig. Doch diesmal half das alles nichts. Nach jahrelangem Hin und Her und einer leicht modifizierten Trasse unterzeichneten die betroffenen Bürgermeister, der Landrat und der Landesverkehrsminister im Sommer 2005 eine „Gemeinsame Erklärung zum Bau der B474n“, die bis heute noch aktuell ist. Das konnte die Diskussionen aber nicht stoppen. Dagegen gab es 400 Einwendungen und einige Klagen.

Die Rieselfelder kamen seit 1997 wieder ins Gespräch mit dem „newPark“, der von der IHK NW vorangetrieben wurde. Mit dem newPark sollte potentiellen Investoren eine voll entwickelte Industriefläche mit Fabrikgebäuden und sogar Personal angeboten werden. Im ersten Entwurf war sogar von einer Art Sonderwirtschaftszone die Rede mit weitreichenden Steuerbefreiungen und Gewerkschaftsfreiheit, was aber bald wieder zurückgezogen wurde.

Es ist davon auszugehen ist, dass das RWE im Hintergrund die Strippen zog. 1999 übernahm das RWE die VEW und damit auch 503 ha des Rieselfelds. Es ist anzunehmen, dass RWE mit der Idee des newPark die für sie nahezu wertlose Fläche versilbern wollte. Nach längerem Gefeilsche um Landesbürgschaften und den Kaufpreis erwarb der Kreis Recklinghausen im April 2015 den RWE-Anteil für 23,75 Millionen Euro.
Der Bevölkerung wurden 9000 Arbeitsplätze versprochen, aber die Empörung über die zu erwartende Flächenversiegelung und Umweltschäden waren groß. 2001 wurde die Bürgerinitiative „Pro Waltrop“ gegen den Newpark und gegen die B474n ins Leben gerufen.

Da schon seit Jahren bis heute Investoren weit und breit nicht in Sicht sind, wurden die Anforderungen immer weiter verwässert. War im ursprünglichen Plan sogar von 200 ha Minimalfläche für Großindustrie die Rede, so werden jetzt sogar Flächen für unter 3 ha für Dienstleistungen angeboten. Falls der Park überhaupt jemals realisiert werden sollte, ist zu erwarten, dass es eher ein riesiges Gewerbegebiet wird als eine Industriefläche.

Das Planfeststellungsverfahren für den 8 km langen Waltroper Abschnitt der B474n wurde im September 2016 eingeleitet. Der Dattelner Teilabschnitt wurde im März 2017 vom OVG Münster genehmigt und befindet sich im Bau. Über den Waltroper Abschnitt gibt es bis heute keine endgültige Entscheidung.

„Pro Waltrop“ fordert, dass die Planung der B474n nach mehr als 40 Jahren eingestellt werden soll. Millionenkosten für eine Umwelt zerstörende Straßenplanung sind nicht mehr zeitgemäß. Außerdem würde die den Bürgern Waltrops versprochene verkehrliche Entlastung mit der prognostizierten Reduzierung des Verkehrsaufkommens um 10-20% kaum zu merken sein.

Letzten Endes ging es aber sowieso nie um Bürgerinteressen, sondern um einen Zubringer zum Industrieareal.

Ernst-W. Belter, 75 Jahre, hat sich bereits in den 70er Jahren gegen die Industrialisierung der Rieselfelder engagiert, lange bevor er nach Waltrop verzogen ist.