Durch den unsäglichen Beschluss zu Marschall 66 ist der wichtigste Tagesordnungspunkt, die Verabschiedung des aktuellen Haushalts, völlig in den Hintergrund getreten. Die Wählergemeinschaft Die Grünen stimmte auch in diesem Jahr dem Haushalt zu, da wir ihn trotz der Schuldenlast für zukunftsfähig halten und weil er weiterhin Perspektiven für eine gute Zukunft enthält. Die Haushaltsreden wurden mit einer Ausnahme in diesem Jahr zu Protokoll gegeben. Hier unsere Haushaltsrede der Fraktionsvorsitzenden Beate Kühnhenrich:
„Der Haushalt 2022 ist, wie erwartet und wie in den vergangenen Jahren, ein schwieriger und besonderer Haushalt. Endlich befreit vom Stärkungspakt, weg von der Fuchtel der Aufsichtsbehörden, die maßgeblich beteiligt an der schlechten Haushaltssituation aller Kommunen die Oberaufsicht führten. Beruhigend ist, dass diese Behörden jetzt zwar immer noch über eine Genehmigung entscheiden, aber die inhaltliche Einflussnahme weitgehend entfällt.“
So begann unsere Haushaltsrede im vergangenen Jahr. Die Aussicht auf eine eigenständige Haushaltsführung, trotz coronabedingter Belastungen, machte Hoffnung. Die Stadt war endlich wieder handlungsfähig, zukunftsorientierte Schwerpunkte in den Bereichen Ökologie, Kultur, Verkehrswende wurden gesetzt, der Blick war hoffnungsvoll in die Zukunft gesetzt.
Jetzt liegt uns der Haushalt 2023 vor, der auf den ersten Blick einen großen Rückschlag bedeutete. 70 Millionen Euro Defizit waren das Ergebnis der ersten Rechnung. Wenn wir auf das Jahr 2022 zurückblicken, sind die Ursachen leicht zu finden. Ein Krieg vor der Haustür in Europa, mit dem niemand rechnen konnte. Die Folgen sind exorbitant steigende Preise vor Allem im Energiesektor, und eine große Zahl von Menschen, die Schutz auch in Marl suchen. Dies bedeutet für uns, dass ein gut kalkulierter Haushalt plötzlich nicht mehr das Papier wert ist, auf dem er geschrieben wurde. Wer jetzt erwartet, dass der Bund und das Land endlich reagieren, sich um Alt- und Neuschulden der Kommunen kümmern, wird enttäuscht. Der große Wurf bleibt aus. Trotz Versprechungen in den Koalitionsgesprächen wird in Berlin und Düsseldorf immer noch diskutiert und nicht gehandelt. Mindestens eine Altschuldenregelung, aber auch eine Finanzierung der Aufgaben, zu denen wir aus den weltweiten Krisensituationen heraus verpflichtet sind, sind dringend notwendig. Wir appellieren an die Landes- und Bundesregierung, und hier natürlich insbesondere an unsere grünen VertreterInnen in den jeweiligen Regierungen: „Vergesst die Kommunen nicht, nehmt die finanziellen Schwierigkeiten endlich ernst und handelt.“
Was sind nun die Konsequenzen aus der schwierigen Haushaltssituation? Zuerst muss man natürlich feststellen, dass die Situation sich nach neuen Orientierungsdaten und nach der letztmaligen Möglichkeit, insgesamt 46 Millionen Euro zu isolieren, die aber trotzdem als langfristige Belastung bei der Stadt Marl verbleiben, verbessert hat. Von 70 Millionen Euro auf 17 Millionen Euro Defizit. Eine gute Nachricht oder nur ein Tropfen auf den heißen Stein? Eine Frage, die sich abschließend noch nicht mit Sicherheit beantworten lässt.
Sicher ist allerdings, welche Konsequenzen wir aus der schlechten Haushaltssituation ziehen müssen. Wir sind weiterhin, wie in den letzten Jahrzehnten, zum Sparen verpflichtet. Der erfolgreiche Sparkurs, den die Verwaltung gemeinsam mit großen Teilen der Politik verfolgt hat, muss fortgesetzt werden. Wir waren auf einem guten Weg, die Einflüsse von außen verhinderten, dass wir das angestrebte Ziel, einen ausgeglichenen Haushalt, nicht erreichten.
Nach der Hiobsbotschaft der 70 Millionen Euro reagierten leider einige Fraktionen kopflos. Einsparmöglichkeiten, die faktisch überhaupt nicht vorhanden waren und einen immensen Schaden für die Stadt Marl bedeutet hätten, wurden präsentiert. Einige Fraktionen nahmen die Krisensituation zum Anlass, ihre latente Kulturfeindlichkeit zu präsentieren, und verabschiedeten sich von den Zukunftsperspektiven der Kulturstadt Marl. Während das Verhalten der rechten Fraktionen und der Fraktion Bündnis 90 nahtlos an ihre vorherigen Positionen anknüpfte, überraschte doch das Verhalten von CDU und FDP. Mag man der FDP noch zugutehalten, dass sie auch außerhalb der Haushaltsberatungen ständig die notwendigen Investitionen, auch im Schulbereich, in Frage stellt, überraschte doch das Verhalten der CDU. Große Teile der Fraktion verabschiedeten sich von der Kulturstadt Marl und stellte Marschall 66 mehr als in Frage. Wir hoffen und erwarten aber einen positiven Ausgang und eine positive Abstimmung für dieses wichtige Projekt. Wir danken hier allen Befürwortern von Marschall 66, die sich wortreich und mit guten Argumenten meldeten: der Verwaltung, die nicht müde wurde inhaltliche Argumente zu liefern und deutlich machte, dass es nicht um eine Haushaltsentlastung geht, sondern dass ein Verzicht zu zusätzlichen Haushaltsbelastungen führt, und der Fraktion der SPD, Claudia Flaisch als Einzelratsmitglied sowie auch der CDU-Kultur-Teilfraktion, die sich zusammen mit uns von der Wählergemeinschaft Die Grünen immer wieder nachdrücklich zu Wort meldeten. Wir erwarten, dass in Zukunft alle wieder an einem Strang ziehen, um für die Stadt Marl wichtige zukunftsweisende Entwicklungen zu unterstützen.
Wir stimmen diesem Haushalt zu – bei allen Schwierigkeiten und Sparzwängen, die uns wieder einmal bevorstehen. Trotz des defizitären Haushalts bleiben wir bei unseren Grundsätzen
- Keine Einsparungen im sozialen Bereich
- Weiterverfolgung der notwendigen Investitionen im Schul- und KiTa- Bereich
- Weiterverfolgung des großen Ziels „Kulturstadt Marl“
Wir sehen weiterhin in eine optimistische und erfolgreiche Zukunft der Stadt Marl und werden uns weiterhin kreativ einbringen.
Unser Dank geht auch in diesem Jahr zuerst an unseren Kämmerer Herrn Dinklage und sein Team. Diese haben nicht nur die Mammutaufgabe der Aufstellung eines Haushaltes gemeistert, der zwar aus den vorgenannten Gründen nicht genehmigungsfähig ist, der aber eine Grundlage ist, um weiterhin für diese Stadt zu arbeiten. Besonders zu erwähnen sind die großen Bemühungen des Kämmerers, den Fraktionen die schwierigen Haushaltszusammenhänge zu erläutern. Alle Fraktionen, die wie wir das Informationsangebot des Kämmerers angenommen haben, erhielten alle notwendigen Infos in verständlicher Art und Weise, alle anderen argumentieren weiter in gewohnt populistischer Weise.
Ein Dank auch an Bürgermeister Werner Arndt und seine DezernentInnen Frau Baudek, Frau Schwidrik-Grebe und Herrn Bach, die ebenfalls immer zu Gesprächen bereit waren und notwendige und wichtige Informationen lieferten.
Und ein Dank an die Fraktionsspitzen von SPD, CDU und FDP, die gemeinsam mit uns Wege aus der schwierigen Situation suchten und die Haushaltssituation zusammen mit der Zukunft der Stadt Marl betrachteten. Hier fanden kontroverse, aber stets sachliche Diskussionen statt, die am Ende zu einem guten Ergebnis führten. Ein Ergebnis, auf das man aufbauen kann. Alle demokratischen und an einer Zukunft orientierten PolitikerInnen der Stadt sind jetzt dazu aufgefordert, das Beste aus der Situation zu machen. Wir sind optimistisch, was dies angeht.