12.06.2016
Auslagerungspläne für das Museum sind symptomatisch für den Zustand der Marler Lokalpolitik
Seit dem Amtsantritt von Bürgermeister Werner Arndt geben Rat und Fachausschüsse nach und nach ihre demokratischen Funktionen auf: sie sind nicht mehr Auftraggeber und Kontrollorgane der Verwaltung , sondern nicken nur noch ab, was die Verwaltung ihnen vorlegt. Ein erneutes Zeichen der Entpolitisierung der Marler Stadtpolitik sind die Vorgänge um das neue Stadtentwicklungskonzept (ISEK) und dessen Kernstück, das sog. ‚Soziale Rathaus‘. – Lesen Sie weiter!
Die vermeintliche Bürgerbeteiligung im Vorfeld der Aufstellung des ISEK war eine gesetzlich vorgeschriebene Pflichtveranstaltung, für die letztlich im Zusammenwirken einer auswärtigen Beraterfirma und der Stadtverwaltung entstandene Schlussfassung des ISEK, über die in der letzten Sitzung vor der Sommerpause der Rat entscheiden soll. Eine von der Grünen Wählergemeinschaft geforderte Information der Marler Bevölkerung über das für die nächsten 20 Jahre geltende Handlungskonzept wurde von der Verwaltung und in nachfolgendem Gehorsam auch von der politischen Mehrheit abgelehnt. Stattdessen zog unter Anführung des Verwaltungschefs selbst dessen Fraktion durch die Stadtteile und ‚verkaufte‘ das Konzept als ihre eigene Erfindung. Dabei wurde der Demokratismus noch dadurch gesteigert, dass man die bei den sog. ‚Bürgerversammlungen‘ angeblich gesammelten zusätzlichen Anregungen und Sonderwünsche aus den Stadtteilen als politischen Beitrag der SPD-Fraktion in das Konzept einzubringen drohte. Eine Vorstellung des ISEK soll der Bürgerschaft erst nach dessen Beschluss durch den Rat geboten werden; das Datum dafür ist noch unbekannt.
Das für die Bewilligung von Zuschussgeldern und für die Freigabe der städtischen Mittel – immerhin 39 Millionen Euro – von der Kommunalaufsicht geforderte Konzept für das ‚Soziale Rathaus‘ demonstriert nun zusätzlich die Verbürokratisierung politischer Entscheidungen. Da zieht die Verwaltung die Planungsabsicht aus der Tasche, das Museum Glaskasten aus seinem angestammten Domizil herauszuwerfen und in einer schon abgeschriebenen benachbarten ehem. Schule unterzubringen, ein Gebäude, das für die Nachnutzung durch eine andere Schule als ungeeignet erklärt wurde, zwischenzeitlich teilweise als Flüchtlingsunterkunft umgebaut wurde und als solche aktuell nicht mehr gefragt ist. Die Verwaltungsidee wird einer Kommission aus Düsseldorf verwaltungsintern vorgestellt, findet deren Applaus verbunden mit der Inaussichtstellung einer Subventionierung des Umzugs des Museums in das dann irgendwann sanierte alte Gemäuer. Die Verwaltung stellt – ohne Anwesenheit der Presse – dem Kulturausschuss ihren Plan vor – und niemand reagiert außer dessen Vorsitzender Karl-Heinz Dargel (CDU): man müsse sich alle Optionen offenhalten. Motto: Museum raus, soziale Nutzung – was immer das auch sein mag – rein?
Man muss sich das einmal wirklich vorstellen: ein soziales Rathaus ohne Beteiligung der Bürgerschaft und mit einer mehrheitlich sprachlosen Politik! Was hilft es da, wenn die Agenda21 eine öffentliche Beteiligung fordert oder die Grüne Wählergemeinschaft sich echauffiert? Wie sagte noch der Bürgermeister so demaskierend: ‚Wer nicht mit der Mehrheit stimmt, hat hier eigentlich nichts zu suchen.‘ Das findet die Mehrheit offenbar völlig in Ordnung. Was soll man auch sagen, wenn man selbst keine Meinung und kein Gesicht hat? Da kann man nur Hermann Hesse zitieren, der in seinem ‚Steppenwolf‘ zu der herben Erkenntnis kam, dass in der Demokratie an die Stelle der Verantwortung die Abstimmung getreten ist. Und noch einmal der Bürgermeister: ‚Mehrheit ist Mehrheit: Das nennt man Demokratie.‘