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Thema Parkgebühren

19.01.2018

Paul Wagner kommentiert

Parkgebühren in Marl sind für die Bürger unserer Stadt so etwas wie ein Schreckgespenst. In der ehemals – und eigentlich immer noch – autogerechten Stadt ist die freie Fahrt – und auch das freie Parken – ein ‚hohes Gut‘. Man erinnert sich noch an den Aufschrei, als in den Zeiten einer noch funktionierenden Planungsabteilung im städtischen Bauamt die Einführung von Temp-30-Zonen und das Aufstellen von Parkautomaten als Maßnahmen der allgemeinen Verkehrsberuhigung vorgeschlagen und dann auch – mehr zaghaft als nachhaltig – eingeführt wurden. Die Kaufmannschaft in Hüls befürchtete seinerzeit angesichts eines kleinen bewirtschafteten Parkstreifens an der Bergstraße (betroffen waren maximal 20 Stellplätze) einen eklatanten und existensbedrohenden Umsatzrückgang. Ähnliches geschah in der Stadtmitte, als auf dem kleinen Parkplatz am alten Friedhof Parkautomaten aufgestellt wurden.

Jahrzehntelang stellte die Stadt der Kaufmannschaft des Marler Sterns für ein lächerliches Entgelt das Insel-Parkhaus zur Verfügung mit der Folge, dass eine Minimalinstalthaltung des Parkhauses bei schrumpfenden Haushaltsmitteln nicht mehr gewährleistet war und genau der Verrottungsprozess einsetzte, den wir heute haben. Als die Marler begannen, sich allmählich an die neue Parkordnung zu gewöhnen und vor allem die Kaufmannschaft merkte, dass nun vor ihren Geschäften die Dauerparker verschwanden und Platz machten für ein einkaufsfreudigeres Publikum, zog die CDU mit Uta Heinrich eine Bürgermeisterkandidatin aus dem Ärmel, die die Aufhebung der Parkregelung und das kostenfreie Abstellen der fahrbaren Untersätze im gesamten Stadtgebiet zum Programm machte. Als sie dann gewählt war, wurden die teuren Parkautomaten für kleines Geld an Nachbargemeinden verkauft und die Marler hatten ihr ‚Paradies‘ zurück. Der Verzicht auf Einnahmen der Stadt von geschätzten 300.000 DM wurde stillschweigend geschluckt und auch von den Aufsichtsbehörden nicht beanstandet, obwohl Marl auch damals schon eine sog. Fehlbetragsgemeinde war.

Unser inzwischen mit Millionen herumhantierende Mitbürger Hubert Schulte-Kemper war seinerzeit an der Spitze der Marler CDU, Stadtverbands- und Fraktionsvorsitzender und der ‚Erfinder‘ von Uta Heinrich und damit maßgeblicher Akteur auch bei der Herstellung der parkgebührenfreien Stadt. Und genau dieser Herr will nun im Marler Stern, dessen Aushängeschild traditionell das gebührenfreie Parken war und ist, kassieren. Ich erinnere mich noch sehr gut an ein Gespräch mit ihm, in dem er das gebührenfreie Parken auf seinem Essener Firmengrundstück als geldwerte Leistung bezeichnete und ich ihn darauf hinwies, dass die Stadt Marl auf diesen Anpruch bei ihren Grundstücken augenscheinlich verzichte, was zangsläufig u.a. dazu führe, dass das Inselparkhaus eine ‚wertlose‘ Immobilie sei. Offenbar ein Hinweis mit Langzeitwirkung, denn neuerdings sollen ja nun Gebühren erhoben werden. So wird aus einer wertlosen städtischen Immobilie – Schulte-Kemper zahlt dafür einen ganzen symbolischen Euro – eine lukrative private Einrichtung. Das Investment in die Herstellung eines angemessenen Zustandes des Parkhauses wird z.T. sogar noch von der Stadt geleistet: der ‚Buchwert‘ des Parkhauses liegt bei 1,4 Millionen Euro. Ganz nebenbei trennt sich die Stadt dabei auch noch von einem Teil ihres Eigenkapitals, das maßgeblich aus dem Wert ihrer Immobilien gebildet wird.

Wenn im Marler Stern demnächst Parkgebühren erhoben werden, wird das Konsequenzen für das gesamte Umfeld haben. Es liegt auf der Hand, dass der durchschnittliche Autofahrer immer dort zu parken versucht, wo es nichts kostet. Wenn nun die Parkhäuser Geld kosten, im näheren Umfeld aber genügend freier Parkraum vorhanden ist, werden die Parkhäuser nicht die erwarteten Einnahmen erbringen. Daraus folgt, dass das Investment nicht den gewünschten Erfolg hat. Was also tun? Der Investor wird sich kaum damit abfinden, Geld in den Sand gesetzt zu haben. Vermutlich wird er, wie er es im bisherigen Verlauf seines finanziellen Engagement schon erfolgreich getan hat, die Stadt mit weiteren Forderungen unter Druck setzen. Solche Forderungen könnten dahin gehen, z.B. das Parkflächenangebot außerhalb der Parkhäuser zu reduzieren oder aber auch dort Gebühren zu erheben. Eine dieser beiden Möglichkeiten wird mutmaßlich auch umgesetzt werden, – was dann tatsächlich ein später Erfolg der inzwischen ausgestorbenen Ideen des städtischen Planungsamtes wäre.

Fazit: Augenscheinlich können rein materielle Überlegungen eher als nur vernunftgesteuerte leichter umgesetzt werden; besonders dann, wenn es Druck von außen gibt. Dabei scheinen an kapitalistischen Grundsätzen orientierte Entscheidungen einen extrem hohen Stellenwert zu haben. Parkraumbewirtschaftung – insbesondere das Erheben von Gebühren – ist als Mittel, um einerseits den Wert einer Immobilie oder eines Grundstückes zu steigern, aber auch andererseits als ein Weg, die Nutzung von Kraftfahrzeugen mit Kosten zu belasten und damit eine Reduzierung der Nutzung zu erreichen, eher in die Köpfe zu transportieren, als etwa der Hinweis auf umweltpolitische Gründe. Ist unser Denken inzwischen so umgepolt, dass die Grundsätze der Geldwirtschaft ein stärkeres Gewicht haben als alles andere?

 

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