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Kommentar am Wochenende

14.02.2016

Seveso-III-Richtlinie in der Diskussion – Foto: Innenansicht Rathaus Marl

Nachdem bei der Westerweiterung der tatsächliche Grund für die Eliminierung der Schlenke-Siedlung in den Hintergrund geschoben worden ist und vordergründig mit der Schaffung neuer Arbeitsplätze argumentiert wurde, kommen Politik und Verwaltung seit Verabschiedung der Seveso-III-Richtlinie durch die EU und die anschließende Umsetzung in nationales Recht an den tatsächlichen Gegebenheiten, die sich aus der Nachbarschaft mit dem Gefahrenpotential der Chemischen Anlagen ergeben, nicht mehr vorbei.

Noch wird versucht, die Konsequenzen herunter zu spielen, doch zwischen dem laut Gesagten und versteckten Hinweisen auf die am Ende doch schon erkannte Notwendigkeit, auf die rechtlichen Vorgaben reagieren zu müssen, scheint doch der notwendige Realitätssinn schon durch. So sagt selbst der die Konsequenzen abwiegelnde Bürgermeister, er ‚hoffe‘, dass der geplante Bau der Moschee an der Sickingmühler Straße genehmigt werden kann. So zieht die SPD-Fraktion die schon als Beschlussvorlage auf dem Tisch liegende Änderung eines Bebauungsplanes an der Johannesstraße in Drewer-Süd und die gleichzeitige Aufhebung des Flächennutzungsplanes für das Gebiet zwischen Johannesstraße und Herzlia-Allee zurück mit dem Hinweis, man müsse wegen der neuen Richtlinie über eine veränderte Flächenausweisung nachdenken.

Der Leiter des Planungsamtes referiert über die möglichen Reaktionen in anderen Städten und Gemeinden, die bei ihren Planungen bereits auf die Vorläufer der neuen Richtlinie reagiert haben. Diese Reaktionen reichen von einer eklatanten Sorglosigkeit bis zu restriktiven Maßnahmen bei der Erteilung von Baugenehmigungen im Umfeld chemischer Anlagen. Wie wird es die Stadt Marl damit halten, wenn das TÜV-Gutachten die Abstände zur Chemie ermittelt haben wird? Die Stadt als Genehmigungsbehörde befindet sich in einem Zielkonflikt: Soll sie vorsorglich auf mehr Sicherheit für ihre Bürger Rücksicht nehmen oder haben die wirtschaftlichen Interessen der Chemieindustrie ein stärkeres Gewicht? Da wird das Beispiel mit dem Kindergarten unmittelbar neben dem Werkszaun, wie es ihn in einer Gemeinde gibt, argumentiert, um die Harmlosigkeit des ganzen Zusammenhangs zu betonen. Andererseits wird auf das Beispiel einer anderen Gemeinde verwiesen, die ihren Bürgern starke Auflagen verordnet, um sie vor möglichen Gefahren zu schützen und gleichzeitig die Betreiber der chemischen Anlagen nicht leichtfertig einzuschränken.

Wie auch immer Marl reagiert, wenn die Westerweiterung die Blaupause war, müssen sich die Bürger wohl auf einiges gefasst machen. Dieses Mal können die wirklichen Gründe wie bei der Westerweiterung nicht mehr kaschiert werden.

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