13.11.2016
Politik strotzte bisher in Sachen Windenergie vor Unkenntnis – Kann die Verwaltung die Politiker auf den richtigen Weg zurückbringen? – Foto: Einmal Scheibenwischen bitte!
Einmal mehr hat die politische Mehrheit aus dem Bauch heraus dem von einer Minderheit geäußerten Verlangen nach einer veränderten Weichenstellung der Stadtpolitik nachgegeben. Die Polsumer Initiative gegen die Genehmigung und Errichtung von drei Windenergieanlagen hat die überwiegende Mehrheit des Rates der Stadt Marl dazu veranlasst, ohne vorherige rechtliche Prüfung der Umsetzbarkeit zu beschließen, einen Beschluss aufzuheben, den eben diese Mehrheit erst vor wenigen Jahren gefasst hatte: Statt Windenergieanlagen dort zuzulassen, wo sie faktisch möglich sind, sollen Konzentrationszonen für solche Anlagen eingeführt werden, um – wie es heißt – „Wildwuchs zu verhindern“.
Als der Rat diesen Beschluss fasste, war er nicht dazu bereit, vorab eine rechtliche Prüfung der Umsetzbarkeit eines solchen Beschlusses zuzulassen: er lehnte mit großer Mehrheit einen diesbezüglichen Antrag ausdrücklich ab. Als in der letzten Ratsitzung die Fraktion der Grünen Wählergemeinschaft für den Fall der rechtlichen Umsetzbarkeit des Beschlusses eine gutachterliche Untersuchung des gesamten Stadtgebietes auf die Tauglichkeit von Flächen für Windenergieanlagen verlangte, bezeichnete Bürgermeister Werner Arndt diesen Antrag als erledigt und verweigerte eine Abstimmung über diese Forderung. Die Grüne Fraktion hat deshalb im Stadtplanungsausschuss den gleichen Antrag noch einmal wiederholt. In der Donnerstagsitzung des Ausschusses steht neben diesem Antrag ein Beschlussvorschlag des städtischen Planungsamtes incl. einer ausführlichen Begründung auf der Tagesordnung, in dem die beantragte gutachterliche Untersuchung des gesamten Stadtgebietes vorgeschlagen wird.
Die Verwaltung stellt dabei klar, dass die Aufhebung der alten Beschlusslage mit erheblichen Auflagen verbunden ist: „Die Planung zur Steuerung der Windenergienutzung ist keine Standard-Aufgabe, sondern nur in einem interaktiven Planungsprozess gemeinsam mit eventuellen Investoren, Grundeigentümern, betroffenen Bürgern und den Politikern zu bewältigen. An die Rats- und Ausschussmitglieder werden besonders hohe Ansprüche gestellt.
Angesichts solcher Formulierungen zeigt sich, mit welcher Blauäugigkeit die politische Mehrheit glaubt, Entscheidungen herbeiführen zu können, die nur aus dem Bauch heraus begründet sind. Immer mit dem naiven Argument, dass der Rat als kommunale Vertretung sich über alle Sachargumente und rechtlichen Hürden hinwegsetzen zu können meint. Ob der Rat nun mit den von der Verwaltung angesprochenen ‚hohen Ansprüchen‘ fertig werden will (oder besser kann?) werden einige seiner Mitglieder bereits am Donnerstag unter Beweis stellen können.